September 2016: Erfahrungsaustausch mit der Polizei in High Wycombe/Großbritannien zu Problemen im öffentlichen Raum

Vom 16. bis 18. September besuchte eine 15-köpfige Delegation aus Kelkheim, angeführt von Stadtverordnetenvorsteher Wolf-Dieter Hasler, die englische Partnerstadt High-Wycombe. Die seit 30 Jahren bestehende Partnerschaft zwischen den beiden Möbelstädten wurde mit diversen Festakten und einer 15 kg schweren Plakette gewürdigt.

rechtes Fotos v.l.: Bürgermeister von High Wycombe Zia Ahmed mit Frau, Kelkheimer Stadtverordnetenvorsteher Wolf-Dietrich Hasler, Präsident der High Wycombe Twinning Association Tony Green und das für Städtepartnerschaft zuständige Kelkheimer Magistratsmitglied Gunda Laumen-Brunner

Der ehemalige Leiter der Polizeidirektion Main-Taunus, Jürgen Moog, nutzte den Besuch als Mitglied der Kelkheimer Delegation zum Erfahrungsaustausch mit der Polizei in High Wycombe.

Wolf-Dieter Hasler hatte bereits im Mai 2016 den Kontakt zu Policeinspector Mathew Lloyd vom High Wycombe Neighbourhood Policing Team hergestellt und somit die notwendigen Abstimmungen mit der Kelkheimer Polizei und die Vorbereitung auf die dort relevanten Problemfelder ermöglicht. Jürgen Moog konnte so die aktuelle Problemlage im Zuständigkeitsbereich der Kelkheimer Polizei mit dem Leiter der Polizeistation Kelkheim, Jörg Schmidt, besprechen und mit der Lage in High Wycombe abgleichen. Jörg Schmidt, der leider nicht an dem Besuch der Partnerstadt teilnehmen konnte, ist sehr an einem Austausch interessiert und übergab Jürgen Moog Uniformteile und Button für die englischen Polizisten.

Direkt nach der Ankunft auf dem Flughafen London-Heathrow wurde Jürgen Moog vom Vizechef der High Wycombe Twinning Association, Harry Holloway, zur Polizeistation in High Wycombe gebracht und von Policeinspector Mathew Lloyd empfangen. Zunächst stellte Mathew Lloyd die dortige Polizeiorganisation vor. High Wycombe ist eine von 12 lokalen Polizeiorganisationen der Thames Valley Police. Die Thames Valley Police betreut mit ca. 4.200 Polizeibeamten ca. 2,2 Mio. Einwohner. Für den Bereich High Wycombe stehen ca. 200 Polizeibeamte zur Verfügung. Mathew Lloyd und seine Kolleginnen und Kollegen gehören dem Neighbourhood Policing Team an und beschäftigen sich mit Problemen im öffentlichen Raum.

Derzeit sind das

  • Trinker und Bettler auf den Straßen in der Stadtmitte,
  • Drogendealer,
  • junge Leute (14-16 Jahre), die sich dort unsozial verhalten,
  • junge Leute mit Motorrädern, die provozieren,
  • Probleme an Schulen,
  • Diebstahl aus Fahrzeugen und
  • Nachbarsschaftsstreit

Kelkheim selbst hat nicht die genannten offenkundigen Probleme im öffentlichen Raum. Dagegen ist die Belastung mit Wohnungseinbrüchen, resultierend aus der relativen Nähe einer Großstadt (London/Frankfurt), vergleichbar. Auch die steigende Zahl von Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (Trickdiebstähle und –betrügereien) betrifft beide Regionen.

Der wichtigste Teil des Erfahrungsaustausches war die Erörterung von Projekten und Strategien, um die jeweiligen Probleme zu minimieren und möglichst vorzubeugen.

Ein Thema waren Schulprobleme, die in Großbritannien polizeiliche Ermittlungen erforderlich machen, weil eine Strafbarkeit der Kinder bereits ab 11 Jahren besteht. So ist eine der Polizeibeamtinnen, mit der Jürgen Moog sprach, ausschließlich für die fünf Schulen in High Wycombe zuständig – repressiv und präventiv. Eine Vorbereitung auf eine Intervention an Schulen wegen eines bewaffneten Täters ist dagegen in High Wycombe kein Thema. Keiner der Polizeibeamten in High Wycombe verfügt über Schußwaffen; die einzige Bewaffnung ist Reizgas, das jeder Beamte mitführt. In der Thames Valley Police gibt es  nur eine bewaffnete Einheit, die ggf. Stunden braucht, bis sie vor Ort ist. Gleichwohl stellte Jürgen Moog das Farbleitsystem als Orientierungssystem an Schulen, die Arbeit der Krisenteams sowie Präventionsprojekte wie „Cool sein, cool bleiben“, „Prävention im Team“ und den „Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der baulichen, technischen und organisatorischen Sicherheit an Schulen“ vor. Informationen zu Schulprojekten finden sie beim AK Sicherheit an Schulen

Ein wichtiges Anliegen war den englischen Kollegen Möglichkeiten zu erörtern, wie mit Konflikten zwischen jungen und älteren Leuten umgegangen werden sollte. Auch hierzu konnte Jürgen Moog einige Anregungen geben. Wichtig ist es hierbei, sich mit allen relevanten Institutionen abzustimmen und Informationen auszutauschen. Bewährt haben sich in den Kommunen des Main-Taunus-Kreises turnusmäßige Besprechungen der Ordnungsämter (Ordnungspolizei), Jugendreferate (mobile Sozialarbeit) und der Landespolizei, bei denen Lage und Vorgehen besprochen werden. Eine eigene städtische Polizei gibt es in Großbritannien nicht. Erstaunen rief die bereits zweimal durchgeführte Beschulung der Ordnungspolizei (und Teile der Landespolizei) zum Umgang mit jungen Leuten durch einen Sozialpädagogen hervor. https://www.praeventionsrat.de/aktuelles/fortbildung-fur-ordnungspolizisten-zur-verbesserung-der-sozialen-kompetenz-im-umgang-mit-jungen-leuten/ Als konkrete Projekte erläuterte Jürgen Moog die Mediation nach den massiven Konflikten zwischen jungen Leuten und den Anwohnern am Montgeronplatz in Eschborn sowie den „Du-und-Ich-Tag“ in Kelkheim. Hierbei nutzte Jürgen Moog die Webseite des Präventionsrates mit einer Fülle von weiteren relevanten Projekten. Die Wirksamkeit der gemeinsamen, auf Anhörung und Konfliktlösung ausgerichteten Strategie aller Beteiligten, belegt die Kriminalstatistik für den Main-Taunus-Kreis. Im Zuge der genannten strategischen Maßnahmen gingen die Sachbeschädigungen (als jugendtypisches Delikt) von 1.695 Fällen in 2009 auf 1.195 Fälle in 2012 zurück. Dieses niedrige Niveau wird bis heute gehalten.

Das Besondere der Neighbourhood Policing Teams ist eine hohe Präsens im öffentlichen Raum und die Zusammenarbeit mit den Bürgern. Dies ist sicherlich durch unsere Polizei nicht leistbar. Andererseits entfalten wir mit den Präventionsräten in Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen eine beachtliche präventive Wirkung. Die englischen Kollegen waren jedenfalls sehr angetan von den vielfältigen Präventionsprojekten und beabsichtigen das eine oder andere zu kopieren.

Die über vier Stunden dauernden Gespräche waren sehr konstruktiv und anregend für alle Beteiligten. Visitenkarten und Erreichbarkeiten wurden ausgetauscht und Jürgen Moog lud zu einem Gegenbesuch in Kelkheim ein. Mathew Lloyd überreichte ihm das Wappen der Thamses Valley Police.

vl.: PC Andy Smith, Polizeidirektor a.D. Jürgen Moog, PI Mathew Lloyd, PC Vikki Overson und PC Nick Adkins

Die englischen Kolleginnen und Kollegen erhielten von Jürgen Moog Präventionsartikel des Präventionsrates MTK, Mathew Lloyd die Dienstmütze, Hemd und Dienstabzeichen von Polizeihauptkommissar Jörg Schmidt.

Von der Polizeistation führte Mathew Lloyd seinen deutschen Gast zur Videozentrale von High Wycombe. Dort laufen 136 Kameras auf, die im öffentlichen Raum installiert sind. Ein harter Job für die Kollegen, die die Monitore beobachten.

Die Straftatenstatistik zeigt eindeutig, dass die Kriminalität nach Installation der Kameras in den Bereichen, die von ihnen erfasst werden, zurückging. Natürlich ist die Videoüberwachung wertvoll bei der Beweissicherung, aber auch beim Einsatz. Erstens, weil sofort auf erkannte Vorfälle reagiert werden kann und zweitens, weil durch die Beobachtung eines Szenarios besser eingeschätzt werden kann, welche Kräfte mit welcher Ausrüstung erforderlich sind.

Danach hieß es Abschied nehmen von Policeinspector Mathew Lloyd, von dem Jürgen Moog super betreut wurde. Vielen Dank dafür! Ein war ein guter Auftakt für den Austausch zwischen den Polizeien der beiden Partnerstädte sowie dem hiesigen Präventionsrat.

Jürgen Moog

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