Für die quartalsmäßige Besprechung der Asylkoordinatoren am 24.05.2016 hatte die Leiterin des Amtes für öffentliche Sicherheit und Ordnung, Thea Melzer, die Geschäftsführer des Präventionsrates MTK, Peter Nicolay und Jürgen Moog, eingeladen, um über die Präventionsoptionen in der Flüchtlingslage und insbesondere zur Problemreduzierung bei der zu erwartenden hohen Zahl von Rückführungen zu berichten.
Flüchtlinge und Prävention
Peter Nicolay erklärte zunächst, warum sich der Präventionsrat mit der Flüchtlingslage beschäftigt. Das Thema wird zwar seit über einem Jahr in den Präventionsräten im MTK behandelt, der konkrete Auftrag kam aber von Landrat Michael Cyriax, und die Teilnahme an dem Treffen der Asylkoordinatoren wurde in einer Besprechung mit Kreisbeigeordnetem Johannes Baron beschlossen.
Jürgen Moog wies auf das Fachkräfte- und Informationsportal „Präventive Unterstützung für Integrations-Initiativen“ mit der Domain www.pufii.de hin. Das Informationsportal wird vom Deutschen Präventionstag in Zusammenarbeit mit dem Landespräventionsrat Niedersachsen und dem Deutsch-Europäischem Forum für Urbane Sicherheit seit Anfang März 2016 betrieben. Hiermit sollen insbesondere die in dem Bereich Integration von Asylbegehrenden tätigen Fachkräfte durch die Möglichkeit der Entwicklung, Bündelung und Kommunikation präventiver Strategien und Konzepte unterstützt werden.
Der Präventionsrat wertet alle Informationsquellen und natürlich auch die eigenen im Hinblick darauf aus, ob die Projekte, Programme und Strategien des Arbeitsfeldes Prävention die Integration von geflüchteten Menschen in den Kommunen unterstützen können. Dazu zählen auch die Projekte aus der Gewalt- und Konfliktprävention.
Präventionsoptionen i. Z. m. der Aufnahme, Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen
Nach einer ersten Auswertung der Info-Quellen erscheint Folgendes als hilfreich:
Mit Informationsständen haben die Präventionsräte im MTK gute Erfahrungen gemacht, da sie dort aufgebaut werden, wo Menschen zusammenkommen, z.B. auf Wochenmärkten, in Einkaufszentren oder auch Festen. Hierbei könnte man auch Themen in Verbindung mit der Flüchtlingssituation besetzen.
Gemeinsame Feste mit oder unter Einbindung von Flüchtlingen (wie der kommende „Du und Ich-Tag“ in Kelkheim“) werden bereits in allen Kommunen als Beitrag zur Integration der Flüchtlinge genutzt.
Fahrradtraining
Viele der 2.700 Flüchtlinge, die sich derzeit im MTK aufhalten, besitzen Fahrräder. Diese wurden Ihnen zuallermeist von gutwilligen Bürgern geschenkt. Leider wird dabei vergessen, dass die Flüchtlinge noch Fahrradfahren und auch die Verkehrsregeln lernen müssen. Außerdem fehlen Schutzausstattung und Haftpflichtversicherung.
Einen praktikablen Weg für die Vermittlung von Fahrradregeln und ein Fahrradtraining stellte der Vorsitzende der Gemeindevertretung Kriftel und ehemalige Polizeibeamte, Bodo Knopf, vor. Er war auf die Idee für ein Fahrradtraining gekommen, weil ihm mehrfach Flüchtlinge mit Fahrrädern aufgefallen waren, die aufgrund ihrer Unsicherheit sich und andere im Straßenverkehr gefährdeten.
So entstand eine Gemeinschaftsaktion vom Arbeitskreis Flüchtlinge und vom Familienzentrum Kriftel.
Über die in den Unterkünften ausgelegten Listen für das Fahrradtraining meldeten sich interessierte Flüchtlinge. Der Kurs war auf 15 Teilnehmer begrenzt und soll monatlich einmal durchgeführt werden.
Die Ausbildungsveranstaltung wurde versichert und für die Teilnehmer Warnwesten zur Verfügung gestellt. Die Suche nach gespendeten Fahrradhelmen war leider insgesamt wenig erfolgreich (nur ein Helm).
Die Veranstaltung begann in einer Fahrschule mit eineinhalb Stunden Theorie unter Einsatz eines Dolmetschers. Dann folgte ein Bremstraining auf einem Übungsplatz. Durchgeführt wurde das Praxistraining durch Bodo Knopf, einem weiteren ehemaligen Polizeibeamten und vier Helfern. Außerdem war das Rote Kreuz vor Ort. Alle bei Organisation und Durchführung Beteiligten, inkl. des Fahrlehrers wirkten ehrenamtlich mit.
Das Fahrradfahren wurde nach dem Bremstraining auf einem mit Pylonen und halbierten Tennisbällen markierten Parcours in einem Freizeitpark geübt. Später ging es in Fünfer-Gruppen, die vorn und hinten mit den Helfern begleitet wurden, in ein ruhiges Wohngebiet, um das Fahrradfahren real im fließenden Verkehr zu üben.
Nach Abschluss des Fahrradtrainings wurde allen eine Urkunde überreicht
In der anschließenden Diskussion wurde die mangelnde Verkehrssicherheit vieler Fahrräder, die Versicherung für das Fahrradtraining und die Haftpflichtversicherung für den Flüchtling thematisiert. Die Haftpflichtversicherung ist Privatsache und wird auch anderen Leistungsempfängern nicht bezahlt. Hier bleibt nur, bei den Flüchtlingen für den Abschluss einer Versicherung zu werben, damit die durch sie Geschädigten nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Ein Fahrradtraining wie in Kriftel wird nicht fremdorganisiert, sondern muss innerhalb einer Kommune selbst auf die Beine gestellt werden.
Die Polizei ist aufgrund ihrer personellen Möglichkeiten nicht in der Lage, ein solches Fahrradtraining anzubieten. Der ADFC Main-Taunus hat laut Sprecherin Gabriele Wittendorfer bereits vor eineinhalb Jahren in Bad Soden ein Fahrradtraining für eritreische Flüchtlinge durchgeführt. Der ADFC Main-Taunus hat mehrsprachige Broschüren mit Fahrradregeln geordert, die den Kommunen im MTK zur Verfügung gestellt werden sollen. Außerdem bietet sie an, für interessierte Flüchtlingshelfer eine Veranstaltung mit den Fahrradregeln durchzuführen. Siehe auch:
Problemreduzierung durch Prävention bei der Rückführung von Flüchtlingen
Im Herbst dieses Jahres ist damit zu rechnen, dass im Zuge der Abarbeitung des Rückstaus der Asylanträge allein für den Main-Taunus-Kreis ca. 500 Rückführungen erforderlich sind.
Anhand einer Folie erklärte Jürgen Moog die beiden Alternativen der Rückführung in Folge der Ablehnung eines Asylantrages und stellte die Vorteile der freiwilligen Ausreise sowie die Nachteile einer Abschiebung für den Betroffenen dar.
Probleme hinsichtlich abgelehnter Antragsteller entstehen für die Behörden dadurch, dass sich die abgelehnten Antragsteller absetzen (untertauchen), Widerstand leisten (insbes. beim Abflug) oder auch durch demonstrative Akte. Auch seitens der Flüchtlingshelfer und/oder der Kommunen könnten die Solidarität bis hin zur aktiven Unterstützung, demonstrative Aktionen, Medienkampagnen oder auch Kirchenasyl zu Problemen führen.
Deshalb sollten alle Beteiligten auf eine freiwillige Ausreise hinwirken anstatt der mit Zwang verbundenen Ausreise. Mithin spielen die frühzeitige Information und die Transparenz zu erwartender Entscheidungen eine große Rolle. Bei Bewerbern, z.B. aus den Westbalkanstaaten, deren Ablehnung wahrscheinlich ist, sollten möglichst keine engen Bindungen aufgebaut werden.
Weitere Tagesordnungspunkte
Frau Melzer und Frau Krüger führten im Anschluss durch eine umfangreiche Tagesordnung, die Themen wie Datenaustausch, Sprachkurse, Fahrtkosten, Aushändigung von Krankenscheinen, Familiennachzug, die Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern, Informationen für Asylbewerber und Hepatitis-Impfungen für Ehrenamtliche umfasste.
Der Präventionsrat MTK wird am Thema Flüchtlinge dran bleiben und mit den kommunalen Präventionsräten besprechen. Sicherlich werden sich daraus Projekte oder Projektbeteiligungen ergeben. Ein Thema könnten die Fahrradtrainings sein.
Peter Nicolay und Jürgen Moog