November 2019: “Save My Grandma” an der Main-Taunus-Schule fortgesetzt

Das vom Haus der Jugend in Hofheim entwickelte Präventionsprojekt startete im November 2018 in drei achten Klassen der Main-Taunus-Schule (MTS) in Hofheim und wurde dort vom 30.10. bis 06.11.2019 in vier weiteren achten Klassen fortgesetzt.

Projektname

Frau Theresa Hochstädter vom Haus der Jugend entschied sich mit dem Team Jugendarbeit für den Titel „Save My Grandma“, weil das besser klingt als „Save My Grandparents“ oder „Schütze meine Großeltern“. In jedem Fall geht es um beide Großelternteile, da Oma und Opa im Fokus der Trickbetrüger sind.

Ausgangslage

Tatsächlich ergibt sich die Notwendigkeit für ein solches Präventionsprojekt, weil immer mehr Senior/innen Opfer von gezielter Kriminalität zum Nachteil älteren Menschen werden. Am bekanntesten ist dabei der sogenannte „Enkeltrick“, aber auch Taschen- und Trickdiebstahl, falsche Gewinnversprechen, falsche Polizisten und Handwerker, Überrumpelung an der Haustür und Schockanrufe sind gängige Methoden.

Ältere Menschen werden aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft, aber auch wegen nachlassender geistiger und körperlicher Fähigkeiten, gezielt als Opfer ausgewählt.

Während die Gesamtkriminalität seit Jahren zurückgeht, steigen die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen. Im Jahr 2017 gab es 61 Enkeltrick-Versuche im Main-Taunus-Kreis, vier Delikte wurden vollendet mit einem Schaden von 70.000 €. In 2018 wurden 91 Enkeltrickversuche gemeldet, wiederum vier Opfer mit einem Schaden von 54.000 €.

Noch dramatischer sind die Fälle mit „Falschen Polizisten“. In 2017 wurden rund 800 Anrufe „Falscher Polizisten“ gemeldet, denen acht Senioren und Seniorinnen auf den Leim gingen und an die Abholer Geld und Wertgegenstände für insgesamt 600.000 € übergaben. In 2018 kam es zu 400 Anrufen, drei Senioren/-innen wurden Opfer mit einem Schaden von 160.000 €.

Zielsetzung

Um Senior/innen vor Straftaten dieser Art zu schützen, soll das Thema gezielt in die Familien getragen werden, um eine möglichst gute Aufklärung zu bewirken. Dies soll über Jugendliche erreicht werden, die im Rahmen von (Schul-) Workshops über diese Thematik aufgeklärt werden, mit dem Ziel, über Gespräche innerhalb der Familien möglichst viele Senioren/innen zu erreichen.

Kooperationspartner

Die Jugendarbeit Hofheim wird durch die Präventionsräte Hofheim und Main-Taunus-Kreis mit den Sicherheitsberatern für Senioren und die Polizeidirektion Main-Taunus unterstützt. Bisher wurde das Projekt an der MTS und der Gesamtschule am Rosenberg durchgeführt.

Zielgruppe

Unmittelbare Zielgruppe sind Schüler zwischen 13-19 Jahren sowie mittelbar ihre Familien und insbesondere ihre Großeltern. Die Durchführung mit 8. Klassen hat sich bewährt.

Umsetzung an der Schule

Vorgesehen im Oktober/November waren fünf achte Klassen der MTS. Durch krankheitsbedingten Ausfall beschränkten sich die Unterrichtseinheiten auf vier achte Klassen.

V.l.: Geschäftsführer Präventionsrat MTK Jürgen Moog, Theresa Hochstädter von der Jugendarbeit Hofheim, Hofheimer Sicherheitsberater für Senioren Joachim Wölfel und die Kelkheimer Sicherheitsberaterin für Senioren Rosemarie Sprungk

Theresa Hochstädter von der Jugendarbeit Hofheim moderierte die vorgesehenen beiden Schulstunden. Sie wurden von der Kelkheimer Sicherheitsberaterin für Senioren Rosi Sprungk, dem Hofheimer Sicherheitsberater Joachim Wölfel und dem Geschäftsführer des Präventionsrates MTK Jürgen Moog unterstützt.

Nach der Vorstellung der Referenten und der Thematik wurden die Schülerinnen und Schüler gebeten, die Diebstahls- und Betrugsmaschen zu nennen, von denen sie bereits gehört haben. Erstaunlicherweise waren die meisten Maschen bereits bekannt, auch weil die Schülerinnen und Schüler in ihrem familiären Umfeld derartige Versuche mitbekommen haben.

Anschließend informierten die Referenten mit Beispielen über die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen. So schilderte die 73jährigen Sicherheitsberaterin Rosi Sprungk eine Art Enkeltrick am Telefon, den sie selbst zu Hause erlebte. Die Gespräche zogen sich über sechs Stunden hin. Sie wurde im Verlauf durch einen Polizeibeamten gecoacht, und ihr Haus wurde von Polizeibeamten verdeckt umstellt.

Der 70jährige Sicherheitsberater Joachim Wölfel berichtete von einem Fall, den er als junger Kriminalbeamter erlebt hatte und den er bis heute nicht vergaß. Hierbei wurde eine ältere Dame von einem Betrüger durch die Nachricht geschockt, dass ihr Neffe, der bei ihr wohnte, schwer verunglückt wäre. Für Operation pp. übergab sie dem Täter eine große Summe. Als der Neffe gesund bei ihr erschien, war klar, dass sie betrogen worden war. Der Täter konnte zwar überführt werden. Doch die ältere Dame wagte sich nicht mehr vor die Tür und ließ auch niemanden mehr zu sich. Sie starb ein halbes Jahr später. Der Neffe, der Herrn Wölfel darüber informierte, war davon überzeugt, dass sie den erlittenen Betrug nicht überwunden hatte.

Der Polizeidirektor i.R. Jürgen Moog schilderte einen Fall von „Falschen Polizisten“, bei dem eine ältere Dame wegen eines angeblich bevorstehenden Einbruchs so unter Druck gesetzt wurde, dass sie ihre Wertsachen (Schmuck, Gold und Geld) an einer Stelle in Frankfurt ablegte, wo dies von der Polizei übernommen werden sollte. Es war ein perfider Trickbetrug und die Nachbarin, die davon erfahren hatte, ließ sich deshalb zur Sicherheitsberaterin für Senioren ausbilden.

Zum Abschluss des Infoteils wurde ein Film über den Enkeltrick gezeigt.

Die zweite Unterrichtsstunde begann mit einer Gruppenarbeit, bei der die Schülerinnen und Schüler gebeten wurden, sich Tipps für ihre Großeltern zu überlegen, damit diese nicht auf die Maschen der Trickdiebe und Betrüger hereinfallen. Jede Gruppe musste sich mit einer Masche beschäftigen und die Ergebnisse anschließend allen vortragen. Die Themen waren „Falsches Gewinnversprechen“, „Schockanruf“, „Enkeltrick“, „Ausnutzen der Hilfsbereitschaft“, „Unseriöses Haustürgeschäft“ und „Falscher Handwerker“.

Die Lösungen konnten sich sehen lassen. Sie wurden diskutiert und gegebenenfalls ergänzt.

Die Schülerinnen und Schülern erhielten einschlägiges Informationsmaterial, mit dem sie zuhause in der Familie mit ihren Eltern und Großeltern die fiesen Straftaten der Trickdiebe und -betrüger behandeln können und insbesondere ihren Großeltern entsprechende Tipps geben können.

Das direkte Feedback der Schülerinnen und Schüler zu den außergewöhnlichen beiden Schulstunden war jedes Mal sehr positiv.

Evaluation

Neben dem Infomaterial erhielten alle Schülerinnen und Schüler zwei Evaluationsbögen, einen zum Selbstausfüllen und einen, der gemeinsam mit den ältesten Personen der Familie ausgefüllt werden soll. Dabei werden gleichzeitig die wichtigsten Erkennungszeichen für den Betrug und entsprechende Verhaltensregeln direkt an die Senioren weitergegeben. Die bisherigen Ergebnisse sind hervorragend und ermutigen das Projekt auf andere Kommunen auszuweiten.

Fazit und Ausblick

Das Schulprojekt ist hervorragend gestartet. Es stellt eine hervorragende Ergänzung der derzeitigen Strategie des Präventionsrates und der Polizei dar, um Straftaten zum Nachteil älterer Menschen vorzubeugen. Neben den Sicherheitsberatern für Senioren, welche die älteren Menschen „auf Augenhöhe“ sensibilisieren, tragen hier die Enkel das Thema an ihre Eltern und vor allem ihre Großeltern heran.

Aufgrund der bisherigen Auswertung ist beabsichtigt, das Projekt weiteren Schulen in Hofheim und auch in den anderen Kommunen des Main-Taunus-Kreises anzubieten.

Jürgen Moog

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