Im Raum 015 gelb an der Westerbach-Schule in Eschborn-Niederhöchstadt fand am 28.01.2015 die 17. Sitzung des Arbeitskreises Sicherheit an Schulen des MTK (AK SaS) statt. Neben dem wegen des Farbleitsystems zugeladenen Designers Dejan Pavlovic nahmen als Gäste der Erste Kreisbeigeordnete des MTK Wolfgang Kollmeier, die Juristin des Staatliches Schulamtes Groß-Gerau/MTK, Frau Evertz, das für die Schulen zuständige Mitglied des Wiesbadener Magistrats Michael Blecker sowie Kriminalhauptkommissar Ekkehard Stawitz vom Polizeipräsidium Westhessen und Polizeihauptkommissarin Claudia Felden, welche die Geschäftsstelle des Netzwerks gegen Gewalt des Polizeipräsidiums Westhessen leitet, teil.
Neue Mitglieder des AK SaS:
Dr. Wolfgang Mazur ist Leiter des Zentrums für Jugendberatung und Suchthilfe (JJ) und hat durch die Schulsozialarbeit und eine Vielzahl von Präventionsprojekten in den Schulen zahlreiche Berührungspunkte mit dem AK SaS.
Polizeidirektor Peter Liebeck ist Nachfolger von Herrn Moog im Amt des Leiters der Polizeidirektion Main-Taunus. Herr Moog tritt mit Ablauf des Monats April 2015 in den Ruhestand, wird jedoch voraussichtlich den AK SaS weiter leiten.
Polizeihauptkommissar Uwe Niebauer ist Abwesenheitsvertreter des Stationsleiters der Polizeistation Eschborn und nimmt in der Nachfolge von Herrn Macek, der in Kürze in den Ruhestand eintritt, künftig an den Sitzungen des AK SaS teil.
Polizeioberkommissar Christian Schneider ist Schutzmann vor Ort (SvO) bei der Polizeidirektion Main-Taunus und unterstützt im Rahmen seiner Präventionsaufgaben den Jugendkoordinator Sebastian Poppe im Schulbereich.
Lagebild Amok
Thematisiert wurden die für den Schulbereich relevanten Vorfälle seit der letzten Sitzung (15.10.2014); es handelte sich um einen internationalen Amoklauf und einen Anschlag durch Reizstoff an einer Krifteler Schule.
Drei Tote und drei Verletzte bei Schießerei in einer Schul-Cafeteria in Marysville (nahe Seattle / USA) am 24.10.2014
Ein 14-jähriger Schüler eröffnete in einer Cafeteria der Marysville Pilchuck High School mit einer Beretta-Pistole plötzlich das Feuer auf mehrere an einem Tisch sitzende Schüler/-innen. Ein 14 Jahre altes Mädchen war sofort tot, vier weitere Mitschüler wurden am Kopf getroffen. Als eine Lehrerin den Täter am Arm fasste, um ihn zu stoppen, richtete er die Waffe gegen sich selbst und nahm sich das Leben.
Eines der getroffenen Mädchen (14) erlag letztlich im Krankenhaus ebenfalls ihren Verletzungen.
Berichten zufolge hat der Täter nicht wild um sich geschossen, sondern gezielt Mitschüler an einem Tisch ins Visier genommen, zwei seiner Opfer waren seine Cousins. Motiv war mutmaßlich Liebeskummer. Der Schüler galt als populär, freundlich, offen und spielte in der Football-Mannschaft.
15 Verletzte durch Reizstoff an einer Krifteler Schule am 04.11.2014
Ein durch einen unbekannten Täter über die Lüftungsanlage des Treppenbereichs eingebrachter, die Atemwege reizender Stoff sorgte dafür, dass 15 Schülerinnen und Schüler über Hustenanfälle und Augenreizungen klagten.
Durch den Sicherheitsbeauftragten wurden Schüler und Personal über die Nottreppe evakuiert. Laut Herrn Koppe wurden zunächst Rettungsmittel für 25 Verletzte kreisweit entsandt. Nach ärztlicher Erstversorgung konnten 10 Schüler entlassen werden, fünf Schüler wurden vorsorglich ins Krankenhaus nach Hofheim transportiert. Herr Kollmeier war ebenfalls vor Ort.
Bauliche und technische Sicherheit an Schulen
Aufgrund der verbesserten baulichen und technischen Sicherheit an den Schulen im MTK und auch durch die Lasergravur von Notebooks gingen die Einbrüche in Schulen weiter zurück: 43 Einbrüche in 2010, 14 Einbrüche in 2013 und neun Einbrüche in 2014. Lediglich vier Einbrüche in 2014 waren vollendet.
Der enorme Fallzahlenrückgang zeigt, dass die baulichen, technischen und auch organisatorischen Maßnahmen wie z.B. Tür- und Fenstersicherungen, Bewegungsmelder, Videoanlagen, Lasergravur der Notebooks etc. greifen und somit das Tatobjekt „Schule“ für potentielle Täter und Tätergruppen „unattraktiv“ machen.
Laut Herrn Staschok werden die Sicherungsmaßnahmen turnusmäßig im Schulbauamt thematisiert und im Rahmen von Neu- und Erweiterungsbauten sowie Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt.
Lasergravur von Notebooks
Alle Notebooks, die vom Landratsamt an die Schulen ausgegeben wurden, sind per Laser graviert worden. Leider kam es bei der letzten Rate zu einer Reklamation, weil die Gravuren falsch herum aufgebracht wurden. Als Beute sind auch diese Notebooks für potentielle Täter uninteressant.
Die Schulen, deren Notebooks graviert wurden, sollen zertifiziert werden.
Farbleitsystem (FLS)
Herr Pavlovic teilte mit, dass das FLS mittlerweile an 47 Schulen im Main-Taunus-Kreis umgesetzt wurde. Fünf weitere Schulen sind derzeit in der Umsetzungsphase. Das FLS wird von den Schülerinnen und Schülern offensichtlich gut angenommen und nicht infrage gestellt, indem z.B. Markierungen beschädigt werden. Eine Zertifizierung der mit FLS ausgestatteten Schulen soll erfolgen.
Mit sogenannten Aufsuchübungen überprüfen Polizei und Rettungskräfte das Orientierungssystem und ihre eigenen Abläufe. Im Ergebnis bietet das Farbleitsystem eine wertvolle Basis für das schnelle und abgestimmte Agieren der Sicherheits- und Rettungskräfte.
Informationen aus dem Präventionsrat
Der Geschäftsführer des Präventionsrates MTK, Peter Nicolay, informierte aus Sicht des Präventionsrates über den Verlauf der Wohnungseinbruchsprävention in Form von Informationsständen im Rahmen von z.B. Wochenmärkten im Vorfeld zur „Dunklen Jahreszeit 2014/2015“. Positiv feststellbar ist, dass man über diese Plattform deutlich mehr Bürgerinnen und Bürger erreichen konnte, als bei den Saalveranstaltungen in den vergangenen Jahren.
Peter Nicolay hob hervor, dass ein hohes Interesse an der Website des Präventionsrates MTK besteht und diese sehr stark angenommen/besucht wird. Die Website wurde technisch überarbeitet und ist nun auch responsiv, d.h. für Smartphones optimiert. Ebenfalls wird ein neues Redaktionstool (CMS) verwendet, welches die Pflege der Inhalte der Website künftig vereinfachen soll. Durch diese Umstellung werden die Präventionsräte künftig in der Lage sein, ihre aktuellen Informationen selbst auf der Homepage einzupflegen, zu aktualisieren und zu ändern.
In einem nächsten Schritt ist vorgesehen, die Website von http- zu https-Protokoll umzustellen, um die Sicherheit der Seite weiter zu optimieren.
Teilnahme des Präventionsrates am Deutschen Präventionstag in Frankfurt am Main
Herr Nicolay kündigte an, dass der Präventionsrat MTK mit einem Stand auf dem Deutschen Präventionstag am 8. und 9. Juni 2015 vertreten sein wird und natürlich auch die Arbeit des AK SaS darstellen wird. Schwerpunktthema des Präventionstages ist diesmal: „Prävention rechnet sich“.
Unfallgefahr vor Schulen durch Elterntaxis
Die durch das Anhalte- und Parkverhalten der Eltern entstehenden gefährlichen Situationen im unmittelbaren Schulumfeld stellen an nahezu allen Schulen des MTK ein besonderes Problem dar. Der AK SaS soll für die Präventionsräte bestehende Projekte erfassen und erwartet eine Zulieferung durch die Kommunen.
Schulleiter Adnan Shaikh berichtete als konkretes Beispiel über das Scheitern eines Kreisverkehres im Bereich der Hartmutschule in Eschborn zur Vermeidung von gefährlichen Situationen beim Aussteigen aus den Fahrzeugen bei gleichzeitigem Begegnungsverkehr.
Da die bisherigen Sensibilisierungsversuche der Eltern nicht fruchten, sollten relevante Lösungsmöglichkeiten vor Ort gemeinsam durch Schule, Kommune und Polizei (baulich-technisch, verkehrsmäßig, organisatorisch) geprüft werden.
Gefahrenlage „Ansprechen von Grundschulkindern durch Fremde“
Jährlich sind ca. 100 Verdachtsfälle im MTK zu verzeichnen, bei denen Kinder davon berichten, dass sie auf dem Schulweg von Fremden angesprochen wurden. Zuallermeist lässt sich bei Nachforschungen eine Gefahrenlage nicht belegen. Gleichwohl ist nachvollziehbar, dass insbesondere die Eltern sehr besorgt sind und sehr emotional reagieren. Hierdurch bedingt kommt es häufig zu einer schnellen Informationsverbreitung, insbesondere per Email-Verteiler und soziale Netzwerke und dies auch über die Wohnortkommune hinaus. Als Konsequenz der schnellen von Emotionen geprägten Verbreitung sind enorme Unsicherheitsgefühle feststellbar. Vor diesem Hintergrund ist eine unverzügliche sachliche Erstinformation der Eltern durch die Schulleitungen sinnvoll und notwendig. Hierzu bietet die Anlage C des Handlungsleitfadens „Handeln in Krisensituationen“ mit „Textbausteinen zur Information der Schulgemeinde bei einer Gefährdungslage oder in Krisensituationen“ einen Anhalt. Im konkreten Fall soll mit der Polizei Kontakt aufgenommen werden. Den Polizeistationen liegt ein Muster-Wording des Zentralen Polizeipsychologischen Dienstes vor sowie der Flyer „Kinderansprecher“ des Hessischen Landeskriminalamtes., der im konkreten Einzelfall verteilt werden soll.
Umsetzung der Sicherheitskonzeptionen an Schulen
An vier Schulen wurden eigene Sicherheitskonzeptionen entwickelt und jeweils im Rahmen einer Sitzung des Kollegiums umgesetzt; eine Krifteler Schule hat ebenfalls eine eigene Konzeption in Arbeit.
Bei Amoksituationen geht es immer darum, Sicherheit herzustellen, Polizei und Schulleitung zu informieren und ggf. Erste Hilfe zu leisten. Die Konzeptionen empfehlen sich als Vorbild für andere weiterführende Schulen.
Veranstaltung zu den Gefahren der neuen Medien
Die am 27.11.2014, 19:00 – 21:00 Uhr, im Plenarsaal des Landratsamts durchgeführte Veranstaltung „Crashkurs zum digitalen Durchblick für Eltern und Pädagogen“ war mit gut 400 Lehrern und Eltern hervorragend besucht. Das Feedback war durchweg positiv.
Siehe Artikel über die Veranstaltung im Landratsamt am 27.11.2014
Eine baldige Wiederholung ist aufgrund immer neuer Gefahrenmomente für Kinder und Jugendliche gewünscht. Hierzu hat der AK SaS Verhandlungen mit dem Netzwerk gegen Gewalt aufgenommen.
Informationen zum Jugendmedienschutz finden Sie unter: http://www.medien-sicher.de/
Veranstaltung zur Qualifizierung von Krisenteams
Nach 09.12.2009 und 28.11.2012 sollte im Frühjahr 2015 ein Workshop zur Qualifizierung von Krisenteams der weiterführenden Schulen durchgeführt werden. Dieser wird in den Herbst 2015 verschoben.
Problemlage Islamismus / Salafismus
Nach Nordrhein-Westfalen hat das Rhein-Main-Gebiet in Deutschland die zweitgrößte salafistische Szene. Deshalb bat der AK SaS Herrn Kriminalhauptkommissar Stawitz um Informationen zum Islamismus und Salafismus mit etwaigen Auswirkungen in unseren Bereich.
Herr Stawitz erläuterte zunächst den Islam mit seinen fünf Säulen und wichtigsten Richtungen. 4,3 Millionen Muslime leben in Deutschland, darunter 5500 Salafisten. Hier gilt es unbedingt zu differenzieren.
Beim Salafismus handelt es sich um eine extremistische Form des Islamismus mit eigenen ideologischen Vorstellungen. Die Lebensweise im Salafismus richtet sich streng nach Koran, Sunna und Scharia. Ziel der Extremisten ist ein weltweites Kalifat, welches mit dem Islamischen Staat ausgerufen wurde.
Die Salafismus-Bewegung ist die derzeit am schnellsten wachsende islamistische Bewegung und stellt aktuell die größte Bedrohung für die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Die Anschläge in Brüssel, Paris und zuletzt in Ottawa und Sydney zeigen die gegenwärtige Gefahr, vor allem auch durch Rückkehrer aus dem „Kampfgebieten“ (z.B. Syrien), auf.
Der zunehmende Grad der Professionalisierung im Umgang mit modernen Medien, der Justiz und der Polizei zeugt von einer durchdachten Strategie, um weitere Anhänger in hoher Zahl zu rekrutieren. Eine wichtige Zielgruppe sind dabei Jugendliche.
Hier spielt die sogenannte LIES! – Aktion eine entscheidende Rolle. Der Koran wird dabei in Papier sowie in elektronischer Form verteilt. Die Verteilaktionen gelten als Einstieg in den Phänomenbereich des Salafismus und sind in vielen hessischen Städten festzustellen, so in Frankfurt und Wiesbaden, aber auch an Schulen im MTK.
Das seit Mai 2013 eingerichtete Hessische Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) und der seit Juli letzten Jahres bestehende Verein „Violence Prevention Network“ (VPN) kümmern sich hessenweit um Prävention und Intervention im Zusammenhang mit Salafismus.
Da es sich bei den radikalisierten Jugendlichen zumeist um (ehemalige) Schüler handelt, macht es Sinn, die Lehrerschaft über das Phänomen zu informieren. Bei etwaigen Verdachtsmomenten sollte über die Schulleitung die Polizei informiert werden, damit diese den Sachverhalt prüfen und weitere Maßnahmen treffen kann. Außerdem wird der Präventionsrat einen Flyer mit Informationen zum Salafismus mit Anhaltspunkten für eine Radikalisierung, Verhaltenshinweisen für Angehörige, Hilfsangeboten und Ansprechpartnern erstellen.
Nächste Sitzung
Der AK SaS wird seine 18. Sitzung am Mittwoch, 01.10.2015, 14:00 – 16:00 Uhr im Landratsamt MTK durchführen.
Olrik Orzelski und Jürgen Moog