November 2012: Qualifizierung der schulischen Krisenteams im Main-Taunus-Kreis –

Am 28.11.2012 fand im Plenarsaal des Landratsamtes in Hofheim die zweite Fortbildungsveranstaltung für die weiterführenden Schulen zum Thema Krisenintervention statt. Eingeladen hatten der Leiter des Staatlichen Schulamtes, Herr Kreher und der Leiter der Polizeidirektion Main-Taunus, Herr Moog, jeweils den Schulleiter oder die Schulleiterin sowie ein weiteres Mitglied aus dem jeweiligen Krisenteam einer Schule. Die Einladung wurde an alle weiterführenden Schulen im MTK versandt. Die Veranstaltung, die von 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr terminiert war, bot gleichermaßen Informationen durch Referenten zum Thema sowie die Gelegenheit zum praktischen Üben bzw. Bewerten von anonymisierten Amokverdachtsfällen bzw. Kriseninterventionen aus dem Polizeipräsidium Westhessen.

Erfahrungsgemäß erfolgt durch den personellen Wechsel und die Themenvielfalt an Schulen im Laufe der Zeit ein gewisser Informationsverlust über den Umgang mit Krisensituationen und genau hier sollte diese 2. Fortbildungsveranstaltung ansetzen.

Foto 1a: Kreisbeigeordneter Wolfgang Kollmeier

Foto 1b: Schulamtsleiter Wolfgang Kreher

Nach der Begrüßung durch den Kreisbeigeordneten des MTK Herrn Kollmeier und den Leiter des Staatlichen Schulamtes, Herrn Kreher, führte als erster Referent Herr Prof. Egg in die Thematik „Amok“ mit Erkenntnissen über Tat und Täter im Rahmen einer Einzelfallanalyse bisheriger Taten ein.

Foto 3: Prof. Dr. Rudolf Egg referiert über Schulamok

Er berichtete über Parallelen bei den jungen – fast ausschließlich männlichen – Tätern, ihren Persönlichkeitsstörungen, ihren Familien und zeigte verstärkende Risikofaktoren auf: „Es gehe fast immer um ein Zusammenspiel verschiedener Ursachen, bei dem sich als hervorstechende Besonderheit die Entwicklung einer narzisstisch gefärbten Persönlichkeitsstörung mit Selbst- und Fremdaggression herauskristallisiere“. Genauere Erkenntnisse über die psychiatrische Diagnostik fehlen meistens, da viele Täter bei der Tat durch einen Suizid ums Leben gekommen sind. Ferner berichtete er über das wichtigste Warnsignal, das im Verhalten der potentiellen Täter beobachtbar und somit ein zentraler Ansatzpunkt für frühzeitige Identifikationsmöglichkeiten sowie präventive Maßnahmen ist, das „Leaking“!

Foto 3a: Geschäftsführer des Präventionsrates Peter Nicolay bedankt sich bei Prof. Dr. Egg

Herr Moog berichtete in seinem Vortrag über die Vorbereitungen der Polizei für den Fall einer Krisenintervention, die Maßnahmen des AK Sicherheit an Schulen sowie den mittlerweile umgesetzten baulichen und technischen Sachstand in den Schulen des MTK.

Foto 4: Polizeidirektor Jürgen Moog stellt die Vorbereitung auf Amoklagen und Amokverdachtslagen im MTK vor

Er erläuterte den Teilnehmern sehr anschaulich die Zielsetzung der Polizei, nämlich das Lokalisieren des Täters und die Herbeiführung seiner Handlungsunfähigkeit zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben. Durch die in den Sommerferien durchgeführten Aufsuchübungen der Polizei in den Schulgebäuden zeigte Herr Moog auf, dass sich auch die Polizei ständig fortbildet, um im Einsatzfalle – entsprechend dem Slogan im Leitfaden „Sei vorbereitet“ – agieren zu können.
Frau Kain berichtete aus Sicht der Prävention, u.a. über die Auswertung der Amokverdachtsfälle beim Sachgebiet E 42. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden innerhalb der Polizei und bei Fortbildungen mit Schulen bzw. den Krisenteams umgesetzt. Frau Kain verdeutlichte anhand der Erfahrungen aus den zurückliegenden Kriseninterventionen aus dem PP WH, warum es so wichtig ist, über ein funktionierendes Krisenteam an der Schule zu verfügen, da diese ansonsten im wahrsten Sinne des Wortes von der plötzlich eintretenden Lage „überrollt werden“. Leider wissen, so ihre Erfahrung, viele Lehrkräfte in den Schulen noch immer nicht, dass es ein Krisenteam gibt und welche Aufgaben und Kompetenzen dort angesiedelt sind. Viele Lehrer verdrängten unverändert dieses Thema mit der Überzeugung, dass „so etwas“ nicht an ihrer Schule geschehen könne.

Foto 5: Kriminalhauptkommissarin Petra Kain zeigt Defizite bei der Krisenintervention auf

Aus den Nachbereitungen von Kriseninterventionen zitierte sie Aussagen von Lehrkräften aus diesem Jahr:

  • „Ich bin doch nur Lehrer und vermittele nur Stoff“.
  • „Was soll ich denn sonst noch alles machen?“
  • „Für so etwas ist die Polizei zuständig“.

Soweit richtig, aber schließlich soll durch Prävention – und das heißt bei diesem Thema: „Erkennen von Veränderungen bei Schülern“, „Wissen um den Prozess des Leakings“ etc. letztendlich verhindert werden, dass es zu einem „Amoklauf“ an der Schule kommt. Und in dieser Phase haben die Lehrkräfte den Kontakt zu den Schülern, nicht die Polizei! Frau Kains Botschaft: Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren verändert und wir alle müssen – Schule wie Polizei – auf diese Veränderungen reagieren und uns entsprechend vorbereiten!

Foto 6: Schulpsychologin Claudia Raykowski referiert über das Krisenmanagement

Frau Raykowski vom Staatlichen Schulamt verdeutlichte die Aufgaben und die Vorgehensweise eines Krisenteams Falle eines Hinweises auf einen auffälligen Schüler und welche Möglichkeiten des Krisenmanagements ein solches Team hat.

Foto 7: Jugendkoordinator Uwe Thöne macht deutlich, dass Schulen im MTK immer wieder von Amokverdachtsfällen betroffen sind

Der Jugendkoordinator der PD MT, Herr Thöne, berichtete über mehrere Amokverdachtsfälle, die in diesem Jahr an Schulen des MTK stattgefunden hatten.
Mit dem theoretische Teil der Veranstaltung wurde erreicht, dass die anwesenden Teilnehmer entsprechend sensibilisiert und beeindruckt in den darauffolgenden praktischen Teil der Fortbildung starteten und sich interessiert auf das Lösen der Fälle in kleinen Gruppen – die jeweils von Polizeibeamten und Schulpsychologen als Ansprechpartner betreut wurden – einließen.

Foto 8 – 14: Workshops in diversen Räumen im Landratsamt

Im Rahmen der Diskussionen rund um die Fallbearbeitung konnten folgende Zitate von Schulleitern mitgehört werden: „Ich glaube, ich muss unbedingt mal wieder mein Krisenteam einberufen“ und „ Mir war gar nicht bewusst, dass wir hier auch so brisante Fälle hatten…und wie viele Jugendliche Zugriff zu Waffen haben…“
Fazit der Veranstaltung: Die Teilnehmer der Krisenteams haben viele Informationen mitgenommen und werden dieses wichtige Thema wieder in den Focus der Fortbildungen an ihrer Schule rücken. Leider waren nicht alle eingeladenen Krisenteams bei dieser Veranstaltung zum „Wachrütteln“ vertreten.
Petra Kain, Polizeipräsidium Westhessen

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