Juni 2022: Fortbildungsseminar für 60 Sicherheitsberaterinnen und -beratern der Kommunen des Main-Taunus-Kreises

Nach ihrer Ausbildung in den Jahren 2016, 2018, 2019 und 2021 beschäftigten sich insgesamt 60 Sicherheitsberater für Senioren (SfS) in zwei Fortbildungsseminaren mit dem Schwerpunktthema Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SäM). Hierzu trafen sich die SfS der Kommunen Bad Soden, Eschborn, Liederbach, Schwalbach und Sulzbach am 14.09.2022 in einem Raum über der Stadthalle Eschborn und die SfS der Kommunen Eppstein, Flörsheim, Hattersheim, Hochheim, Hofheim, Kelkheim und Kriftel am 20.09.2022 im Plenarsaal des Landratsamts in Hofheim.

Leider wurden der Referent für Internet-Gefahren, Andreas Grillich, und die SfS-Koordinatorin des Polizeipräsidiums Westhessen, Bettina Chrysakopoulos, kurz vor den Fortbildungen Corona-positiv getestet, so dass wir auf ihre Beiträge verzichten mussten.

V.l.: Leiter des Sachgebiets Prävention bei der Polizeidirektion Main-Taunus Sebastian Poppe, Polizeilicher Berater Jürgen Seewald und Geschäftsführer Präventionsrat MTK Jürgen Moog

Polizeihauptkommissar Jürgen Seewald, unterstützt von Polizeihauptkommissar Sebastian Poppe und der Geschäftsführer des Präventionsrats Jürgen Moog übernahmen bei beiden Veranstaltungen den fachlichen Teil.

In Vertretung des Bürgermeisters begrüßte uns in Eschborn die Erste Stadträtin Bärbel Grade. Die Räumlichkeit hatte Frau Fischer, die Eschborner Koordinatorin, organisiert. Die zweite Eschborner Koordinatorin, Frau Däbritz, stellte sich mit Tipps aus ihrer beruflichen Erfahrung aus dem Fachbereich Senioren und Altenhilfe vor.

Die Fortbildung im Plenarsaal des Landratsamts wurde durch die Geschäftsführung des Präventionsrats organisiert.

Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SäM)

Nach deutlichen Anstiegen bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten in den vergangenen Jahren weist die Polizeiliche Kriminalstatistik 2021 für den MTK einen leichten Rückgang von 1.815 Fällen auf 1.732 (4,4%) aus. Der Betrug selbst ging von 1.489 Fällen auf 1.451 zurück. Die SäM bleiben also weiterhin auf hohem Niveau.

Neben den Betrugsmaschen am Telefon wie Enkeltrick, falsche Polizisten, falsche Gewinnversprechen und Schockanrufe, an der Haustür wie Falsche Handwerker, Ausnutzen der Hilfsbereitschaft, unseriöse Haustürgeschäfte und Corona-Betrügereien, im öffentlichen Raum und in Geschäften wie Taschendiebstahl und Geldwechseltricks sowie im Internet nutzen die Täter seit Jahresbeginn im Main-Taunus-Kreis intensiv WhatsApp als Tatmittel.

Beim WhatsApp-Betrug wird der Enkeltrick verbunden mit Schocknachrichten und vorgetäuschten Notlagen. Der WhatsApp-Chat beginnt zumeist mit „Hallo Mama“ oder „Hallo Papa“ und das mit einer unbekannten Handy-Nummer. Auf Nachfrage oder gleich zu Beginn wird erklärt, warum die alte Handy-Nummer nicht mehr genutzt werden kann: Handy kaputt, in die Toilette gefallen, defekte SIM-Karte, von Auto überrollt pp. Nachdem das Eltern-Kind-Verhältnis bestätigt und Vertrauen aufgebaut wurde, taucht das Problem einer dringenden Überweisung auf. Die Betrüger behaupten, dass sie auf dem neuen Handy noch kein Online-Banking machen können und bestehen auf eine Sofortüberweisung. Das Geld werde am nächsten Tag zurücküberwiesen. Die Täter geben zwar Kontodaten an, das Geld wird jedoch sofort weitertransferiert, zumeist ins Ausland.

Wie beim „alten“ Enkeltrick wird die Bereitschaft älterer Menschen, ihren Angehörigen zu helfen, schamlos ausgenutzt.

Einige der anwesenden SfS hatten bereits Erfahrung mit der WhatsApp-Betrugsmasche gemacht und hinterfragten die Tatbegehungsweise, insbesondere wie die Täter an die Handynummern kommen, wie die Sofortüberweisung funktioniert, wie das Geld wieder zurückgeholt werden kann und wie die Polizei auf die Anzeige solcher Chats reagiert.

Die organisierten Gruppen kaufen komplette Datensätze oder nutzen eine Technik, die zufällige Zahlenkombinationen generiert. Bei den Überweisungen kommt es darauf an, möglichst zeitnah das Geld zurückzuholen, schwierig wird es bei Sofort-/Echtzeitüberweisungen. Wenn die WhatsApp eingeht (mit den ersten Chats), liegt noch kein strafrechtlich relevanter Versuch vor, wohl aber, wenn die Betrüger Kontodaten übermitteln. Deshalb ist es wichtig, sofort bei Bekanntwerden des Betrugs das Geldinstitut zu informieren.

Zur Vermeidung des WhatsApp-Betrugs raten wir den Betroffenen,

  • die unbekannte Telefonnummer abzulehnen/zu blockieren.
  • keinesfalls die bisherige Telefonnummer der Verwandten durch die neue Telefonnummer zu ersetzen.
  • Tochter oder Sohn unter der vertrauten Telefonnummer anzurufen, um die Behauptung zu überprüfen.
  • keinesfalls Geld zu überweisen.
  • sofort das Geldinstitut zu informieren, falls bereits Geld überwiesen wurde und die Polizei zu verständigen

Kampagne gegen WhatsApp-Betrug

Nach den erfolgreichen Kampagnen gegen „Falsche Polizisten“ und „Corona-Betrüger“ haben wir im Zuge der SfS-Fortbildungen eine Kampagne gegen den WhatsApp-Betrug gestartet. Hierzu wurden insgesamt 2.000 Poster und 2.500 Flyer den SfS übergeben mit der Bitte, diese in ihren Kommunen auf den Polizeistationen, den Rathäusern und allen Örtlichkeiten, wo ältere Menschen verkehren (Ärzte, Apotheken, Banken, Post, Physio-Einrichtungen, Pflegedienste, Seniorenresidenzen, Lotto-Toto-Filialen und auch Einkaufsmärkte und Bäckereien) anzubringen bzw. auszulegen. Auch bei den Vorträgen und den Infoständen sollte die Masche thematisiert werden.

Damit leisten die SfS einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Warnung vor der WhatsApp-Betrugsmasche.

Warnung vor dem Code-Trick

Bei dem Code-Trick, der bereits vergangenen Dezember hierzulande die Runde gemacht haben soll, erhalten User eine Nachricht von einem bekannten Kontakt, bei dem es sich jedoch getarnt um einen Betrüger handelt. In dieser Mitteilung wird darum gebeten, einen Code, der angeblich aus Versehen an das Smartphone des Users gesendet worden wäre, weiterzuleiten.

Dieser Code, der auch tatsächlich auf dem Smartphone des betroffenen Users aufschlägt, würde aber von WhatsApp* selbst stammen und wäre eine Sicherheits-PIN für den eigenen Account – nicht etwa ein falsch verschickter Code, der für den Absender der Betrugsnachricht bestimmt war. Wenn diese streng vertrauliche Zahlenkombination dann an den „Bekannten“ (der ja eigentlich gar nicht Ihr Bekannter ist) weitergeleitet wird, verliert man bis auf Weiteres den Zugriff auf das WhatsApp-Konto.

Sollte der Code-Trick erfolgreich sein und die Betrüger Zugriff auf den Account erhalten, würden sich ihnen viele Möglichkeiten bieten, wie das Landeskriminalamt Niedersachsen erklärt. Unter anderem könnte das Konto zu illegalen WhatsApp-Gruppen hinzugefügt werden, Malware verbreiten oder unter dem Usernamen bei dessen Kontakten nach persönlichen Daten fragen. Außerdem ließe sich der Account nach der Übernahme dazu verwenden, den Code-Trick auch bei anderen Usern anzuwenden.

Ausspähen von Zahlungskartendaten – Neuer Modus Operandi

Das Bundeskriminalamt warnt vor einem neuen modus operandi beim Ausspähen von Zahlungskartendaten durch illegale Datenerlangung an Türöffnern von Kreditinstituten.

In den letzten Wochen registrierte die Polizei bundesweit eine Vielzahl von Manipulationen der Türöffner an den Eingängen von Kreditinstituten. Die zu den Manipulationen eingesetzten Geräte sind von so hoher Qualität, dass sie durch den Kunden kaum zu erkennen sind. Mit der eingebrachten Zusatzelektronik werden die Zahlungskartendaten am manipulierten Türöffner ausgelesen. Am Geldautomaten selbst wird eine Kamera zum Ausspähen der Geheimzahl/PIN installiert. Mit den so erlangten Informationen sind die Täter in der Lage, gefälschte Zahlungskarten herzustellen und damit Bargeld an Geldautomaten abzuheben.

Im Jahr 2007 wurden bundesweit 459 Geldautomaten durch Straftäter manipuliert. Der Schaden der durch den widerrechtlichen Einsatz der kopierten Kartendaten entstanden ist, lag im zweistelligen Millionenbereich. Auch im Ausland werden Zahlungskarten deutscher Staatsangehöriger immer wieder ausgespäht. Die Straftäter sind dabei in nahezu allen Urlaubsländern aktiv

Tipps des BKA, um sich effektiv vor Schäden zu schützen

  • Achten Sie auf Auffälligkeiten an den Türöffnern und informieren Sie bei Verdacht die Polizei oder das Kreditinstitut vor Ort.
  • Sofern Sie im Besitz von mehreren Zahlungskarten sind, sollten Sie den Türöffner eines Kreditinstitutes nicht mit der Karte nutzen, mit der Sie anschließend die Transaktion am Geldautomaten durchführen möchten.
  • Verdecken Sie die Eingabe der PIN/Geheimzahl, indem Sie die Hand oder Geldbörse als Sichtschutz dicht über die Tastatur halten. Dies erschwert ein Ausspähen der Geheimzahl erheblich.
  • Darüber hinaus gilt grundsätzlich:
  • Notieren Sie niemals die PIN/Geheimzahl und speziell nicht auf der Zahlungskarte.
  • Geben Sie niemals an einem Geldautomaten mehrfach die PIN/Geheimzahl ein, wenn Sie von einer Ihnen unbekannten Person dazu aufgefordert werden.
  • Geben Sie die Zahlungskarte nicht aus der Hand und überlassen Sie diese keinem Dritten
  • Melden Sie verdächtige Vorgänge der Polizei oder dem Kreditinstitut vor Ort. Lassen Sie im Zweifelsfall bereits frühzeitig die Zahlungskarte sperren.

Darüber hinaus sprach der polizeiliche Berater Jürgen Seewald folgende weiterhin aktuelle Betrugsmaschen an:

Falsche Polizisten

Anruf, dass Angehöriger einen schweren Unfall verursacht hätte mit tödl. Ausgang (Dramaturgie Schwangere Frau überfahren und getötet). Um nicht in U-Haft zu gehen, ist angeblich eine Sicherheitsleistung erforderlich.

Normaler Ablauf:

Polizei nimmt Personen fest, Person darf RA oder sonst jemanden anrufen, Richter entscheidet über Haft, eine Sicherheitsleistung ist nur bei Ausländern relevant.

Betrügereien im Zusammenhang mit Ukrainespenden/-Sammlungen

Phishing Mails

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt vor Phishing-Versuchen im Namen von Banken und der Sparkassen. Um zu überprüfen, ob Kunden sich an vermeintlich „neue Sanktionen der Europäischen Union“ halten würden, müssten sie Daten abermals verifizieren. Hierfür bauen Kriminelle die Webseite der entsprechenden Bank nach und greifen Kundendaten über eine Eingabemaske ab. Begründet wird die angebliche Maßnahme durch das „aktuelle Vorgehen der russischen Regierung und den damit einhergehenden Sanktionen der Europäischen Union“.

Wechselfalle (Bei Geldwechseln greift der Täter mit ins Portemonnaie)

Diebstahl kompletter Taschen (aus dem Einkaufswagen oder dem Fahrzeug beim Einladen) 

Falsches Gewinnspiel (Gewinn wird nur gg. Barzahlung/Pay Karten überwiesen) 

Zahlungsaufforderung (sonst Zwangsmaßnahmen/-Vollstreckung) 

Love- oder Romance-Scamming Bei dieser Form des modernen Heiratsschwindels benutzen Betrüger falsche Profile im Internet, um dem Opfer ihre Liebe vorzugaukeln und sie dann finanziell auszunehmen. Die Täter agieren zumeist von Afrika aus.

Falsche Immobilien/Fz-Angebote zum Kauf/zur Miete

Weniger bis gar nicht mehr werden dagegen Kaffeefahrten angeboten.

Infoaustausch der Sicherheitsberaterinnen und -berater

Der Geschäftsführer Präventionsrat Jürgen Moog berichtete, dass seit 2016 in sieben Seminaren 155 SfS ausgebildet wurden. Aufgrund des Ausscheidens von SfS und zwei Todesfällen stehen derzeit insgesamt 115 SfS ehrenamtlich in den Kommunen des Main-Taunus-Kreises zur Verfügung.

Sie verteilen sich wie folgt:

  • Bad Soden:       8 SfS                Eppstein:       8 SfS
  • Eschborn:        14 SfS              Flörsheim:     8 SfS  
  • Hattersheim:  10 SfS              Hochheim:   13 SfS           
  • Hofheim:         18 SfS               Kelkheim:     11 SfS           
  • Kriftel:              6 SfS               Liederbach:    4 SfS           
  • Schwalbach:    3 SfS               Sulzbach:      12 SfS

Einsatz der SfS unter Corona-Bedingungen

Im Zuge des massiven Ausbruchs der Corona-Pandemie kam es zwischen Mitte März 2020 bis Ende Juli 2021 zu einem Lockdown aller SfS-Tätigkeiten. Trotzdem konnte im März und April 2021 eine große Kampagne gegen die Corona-Betrügereien durchgeführt und 2.000 Plakate und 20.000 Flyer in allen Kommunen des Main-Taunus-Kreises angebracht/verteilt werden. Die SfS führten in 2021 immerhin 2.800 Infogespräche sowie 2.200 Beratungen und hatten 42 Infostände und Vorträge. Dafür ein großes Lob und besonderer Dank.

Die bewährten SfS-Infostände vor Banken, Baumärkten, Lebensmittelmärkten, Gesundheitszentren und Postfilialen wurden wieder aufgenommen und die SfS wirkten wieder mit dem Thema „Sicherheit im Alter“ bei den Präventionsveranstaltungen zum Wohnungseinbruch in der dunklen Jahreszeit mit. Diese sind auch für 2022 geplant.

Dank des SfS Andreas Suda entwickelten sich die Fahrradcodieraktionen mit dem leistungsstarken neuen Gerät zu einem absoluten Erfolgsprojekt, bei dem die SfS parallel dazu Infostände betreiben.

SfS-Ausbildung

Eine weitere SfS-Ausbildung ist am Freitag, 14.10.2022, von 13:00 bis 17:30 Uhr und am Samstag, 15.10.2022, von 09:00 bis 12:30 Uhr im Plenarsaal des Landratsamts in Hofheim geplant.

Derzeit gibt es bereits 8 Bewerber, die sich wie folgt auf die Kommunen verteilen:

      • 5 Eppstein
      • 1 Hattersheim
      • 1 Hochheim
      • 1 Liederbach

Teilnehmer der SfS-Fortbildung in Eschborn

Teilnehmer der SfS-Fortbildung im Landratsamt in Hofheim

Neue SfS-Westen und weitere Themen

Die neuen SfS-Westen wurden verteilt sowie ein Magnetbutton des Präventionsrats für die Westen (Hat eine starke Wirkung, wie man auf den Teilnehmerfotos sehen kann). Kurz angesprochen wurden die Themen Ehrenamtskarte, Fahrradcodierung, Verkehrssicherheit für Senioren, interne Koordinatoren, neue SfS-Ausweise durch die Kommunen und ein Gesamttreffen. Wegen der vielfältigen und neuen Betrugsmaschen im Zusammenhang mit dem Internet soll noch in diesem Jahr eine spezielle SfS-Fortbildung durchführen.

Trotz der Corona bedingten Probleme waren die Fortbildungsveranstaltungen interessant und informativ. Sie sind einfach notwendig, wenn wir kompetent ältere Menschen (und auch junge) informieren und beraten wollen. Allen Beteiligten großen Dank, für die engagierte Teilnahme und besonders den SfS für ihre Mitwirkung an der WhatsApp-Kampagne!

Jürgen Moog

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