Die Vertreter der Präventionsräte des Kreises und der Kommunen sowie der Polizei und des Zentrums für Jugendberatung und Suchthilfe trafen sich am 18.09.2019 im Landratsamt des Main-Taunus-Kreises, um Informationen auszutauschen. Besonderes diskutiert wurde die zunehmende Aggression und Gewalt, insbesondere gegen Rettungskräfte und Polizei.
Geschäftsführer Peter Nicolay begrüßte die Vertreter der kommunalen Präventionsräte und der Polizei sowie als Gast Herrn Martin Ackva. Neu in der Runde waren der neue Sozialreferent der Gemeinde Liederbach, Herr Steffen Sander, Herr Riccardo Digioia vom Ordnungsamt Hattersheim und Frau Soniya Raissi vom Ordnungsamt Hofheim.
Herr Ackva stellte sich als Referent des Landrats mit der zusätzlichen Funktion als Geschäftsführer des Vereins „Bürger und Polizei – für mehr Sicherheit“ e.V. vor. Im Juli 2019 hatte er die Funktion von Herrn Frank Herzog übernommen und strebt eine enge Zusammenarbeit mit den Präventionsräten an.
Kriminalitätslagebild für den Main-Taunus-Kreis mit Folgerungen für die Kriminalprävention
Das Straftatenaufkommen ist im MTK mit 10.462 Fällen auf einem niedrigen Niveau bei einer Aufklärungsquote von 59,7%. Kriminaldirektor Urban Egert geht davon aus, dass die Gesamtkriminalität im MTK auch in 2019 weiter zurückgeht und die Aufklärungsquote das hohe Niveau hält. Die Anzahl der Einbrüche in Wohnungen und in gewerbliche Räume dürfte niedrig bleiben oder sogar weiter zurückgehen, bei einer Versuchsquote von über 50%.
Auch für den Einbruchdiebstahl in/aus Pkw erwartet er einen Rückgang. Wahrscheinlich werden auch die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen nach einer Steigerung in den letzten Jahren etwas zurückgehen. Die Sachbeschädigungen bleiben auf dem relativ niedrigen Niveau.
Herr Egert führte die positive Entwicklung der genannten präventablen Deliktsfelder auch auf die intensive Präventionsarbeit im Main-Taunus-Kreis zurück. Diese gelte es fortzuführen.
Die Präventionsaktivitäten sollten sich weiterhin auf die Vorbeugung von Einbrüchen, die Jugenddelinquenz und die Senioren konzentrieren.
Sachstand Projekt „KOMPASS“
Kriminaldirektor Egert erklärt, dass das HMdIS das Präventionsprogramm „KOMPASS“ (KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel) auch in den nächsten Jahren fortführen will. Derzeit nehmen 54 Kommunen in Hessen und 24 Kommunen im Bereich des Polizeipräsidiums Westhessen an dem Programm teil.
Zielsetzung ist die nachhaltige Verzahnung und noch engere Zusammenarbeit zwischen Bürger, Kommune und Polizei u.a. mit Bürgersprechstunden, Bürgerversammlungen, Ortsbegehungen, Wohnquartiersgesprächen. Die Sorgen und Ängste der Bürger sollen in einer Umfrage erhoben sowie die örtliche Sicherheitssituation analysiert und ein passgenaues Lösungsangebot entwickelt werden.
In Schwalbach ist das Programm bereits weit fortgeschritten und die Videoanlage im Marktplatzbereich seit Frühjahr im Betrieb. Nach einer Phase der Verdrängung ist nun Ruhe eingekehrt.
In Bad Soden fand die Bürgerbefragung statt. Alkoholverbote beim Weinfest und dem Sommernachtsfest haben sich bewährt. Der starke Kräfteeinsatz der Polizei bei Halloween soll nicht mehr erfolgen.
In Eschborn folgt nach der Blitzbefragung demnächst die Sicherheitskonferenz. Aktuelle Probleme gibt es derzeit nicht.
Hofheim hat sich beworben und stellt Frau Raissi für KOMPASS ab.
Liederbach will sich demnächst für KOMPASS bewerben.
Vermeidung von Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SäM)
Geschäftsführer Jürgen Moog stellte den Sachstand zu den „Sicherheitsberater für Senioren“, die Kampagne „Falsche Polizisten“ und das Projekt „Save my Grandma“ vor.
Sachstand Sicherheitsberater für Senioren (SfS)
Seit 2016 wurden insgesamt 142 SfS ausgebildet, zuletzt im Seminar am 13./14.09.2019 16 SfS.
Verteilung auf die Kommunen:
Bad Soden: 9 SfS Eppstein: 10 SfS
Flörsheim: 9 SfS Hattersheim: 9 SfS
Hochheim: 9 SfS Hofheim: 19 SfS
Kelkheim: 12 SfS Kriftel: 6 SfS
Liederbach: 5 SfS Schwalbach: 3 SfS
Eschborn: 11 SfS Sulzbach: 15 SfS
Derzeit sind im MTK -120- SfS tätig.
Kampagne gegen „Falsche Polizisten“
Die Kampagne gegen „Falsche Polizisten“ wurde unmittelbar nach einer am 31.07.2018 nahezu alle Kommunen des MTK betreffenden Anrufwelle durchgeführt und dabei 1.000 Plakate und 10.000 Postkarten an Örtlichkeiten platziert, die von älteren Menschen aufgesucht werden. Dies wurde pressewirksam begleitet und führte zum sofortigen Rückgang der Anrufe.
Für eine neue Kampagne gegen „Falsche Polizisten“ stehen weitere 20.000 Postkarten und 2.000 Plakate zur Verfügung.
Präventionsprojekt an Schulen: Save my Grandma
Als weitere Komponente der Prävention von Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SäM) soll das Modellprojekt „Save my Grandma“ der Hofheimer Jugendarbeit auf alle weiterführenden Schulen im Main-Taunus-Kreis ausgeweitet werden.
Das Projekt hat als Zielgruppe Schüler (13 – 19 Jahre), die über SäM informiert werden und so Ihre Eltern und Großeltern auf die Problematik ansprechen können. Das Projekt wurde an der Main-Taunus-Schule (MTS) und der Gesamtschule am Rosenberg in 8. Klassen Ende 2018 und Anfang 2019 durchgeführt. Die Evaluation, an der sich 82 Schüler/-innen und ebenso viele Großeltern beteiligten, ergab eine sehr positive Einschätzung des Projektes. Neu angemeldet haben sich fünf 8. Klassen der MTS. In Kelkheim laufen Vorgespräche zur Umsetzung des Projektes.
Erfahrungsaustausch / Statistik
Am 25.09.2019 treffen sich die SfS-Koordinatoren im Landratsamt zum Erfahrungsaustausch. In 2018 erfolgten gemäß SfS-Statistik ca. 6.500 Gespräche, ca. 7.000 Beratungen und über 150 Vorträge und ebenso viele Infostände.
Informationsaustausch der Arbeitskreise und Präventionsräte
Geschäftsführer Peter Nicolay berichtete von den Präventionsaktionen bei den Fastnachtsumzügen im Feb./März, die Zeugenbelobigung am 14. März und über das Krimifest im Landratsamt am 18. Mai.
Vom 8. Oktober bis 8. November wird wieder Wohnungseinbruchsprävention unter Einbindung der SfS mit Informationsständen auf den Wochenmärkten in allen Kommunen des Kreises betrieben. Da der bisherige polizeiliche Berater Thomas Tauber in Ruhestand gegangen ist, werden die Infostände von seinem Nachfolger Jürgen Seewald betreut.
Das Projekt Notfalldose läuft hervorragend in verschiedenen Kommunen. In Kelkheim wurden bereits über 2.000 Dosen an Bürger gegen eine Spende von 1 € ausgegeben.
Aktivitäten des Arbeitskreises Sicherheit an Schulen (AK SaS)
Geschäftsführer Jürgen Moog wies darauf hin, dass der AK SaS in der kommenden Sitzung am 26.09.2019 sein 10jähriges Jubiläum feiert. Der AK SaS wurde am 16.07.2009 gegründet und am 17.09.2009 als dritter Arbeitskreis im Präventionsrat MTK aufgenommen.
Die wichtigsten Projekte in diesen 10 Jahren waren:
Präventionsrat Bad Soden
Ordnungsamtsleiterin Annet Putbrese berichtete über die Alkoholverbotszonen, die beim Weinfest und beim Sommernachtsfest in Bad Soden eingerichtet worden waren. Im Zuge der Kontrollen wurden am ersten Tag des Weinfestes 140 Liter Alkohol weggeschüttet, insgesamt waren es 300 Liter.
Präventionsrat Eschborn
Frau Dörte Fischer von der Wirtschaftsförderung Eschborn berichtete vom Infostand der SfS beim Eschborner Eschenfest. Die Wohnungseinbruchsprävention auf dem Wochenmarkt vor dem Eschborner Rathaus unter Beteiligung der SfS ist vorbereitet.
Am 23.09.2019 findet in Eschborn die KOMPASS-Sicherheitskonferenz statt.
Präventionsrat Flörsheim
Der stellvertr. Ordnungsamtsleiter Sascha Colak teilte mit, dass dem Ordnungsamt Flörsheim 3 Ordnungspolizisten zur Verfügung stehen. Herr Singer von der mobilen Sozialarbeit führe mit Polizei und/oder Ordnungspolizei gemeinsame Präventivstreifen an den Aufenthaltsorten junger Leute durch. Der in Parks eingesetzte Sicherheitsdienst werde voraussichtlich künftig unterbleiben. Die Mitternachtssportgruppe läuft gut. Die Flörsheimer Sicherheitsberater für Senioren sind sehr aktiv mit Vorträgen und Infoständen.
Präventionsrat Hattersheim
Hattersheim beteiligt sich ebenfalls an KOMPASS, die Bürgerbefragung ist bereits erfolgt.
Im Mai wurden alle Personen über 69 Jahren angeschrieben und Notfalldosen kostenlos angeboten, die im Rathaus abgeholt werden konnten.
Am 6. Juni wurde in Okriftel im Haus der Vereine ein Themenabend zur Sicherheit mit Wohnungseinbruchsprävention, Sicherheitsberatung für Senioren, KOMPASS und dem Präventionsrat mit einem hohen Besucheraufkommen durchgeführt.
Das Projekt „Prüfen von Wohnhäusern auf Einbruchgelegenheiten“ wurde unter Einbindung des Polizeilichen Beraters am 15. Juli in Okriftel durchgeführt.
Präventionsrat Hochheim
Ordnungsamtsleiter Harald Rademacher beklagte Probleme mit Elterntaxis vor Hochheimer Schulen. So wurde sogar eine Park & Ride-Zone direkt vor einer Schule gefordert.
Die Präventionsmaßnahmen beim Hochheimer Markt werden wieder durchgeführt; die SfS werden einen Infostand beim Seniorennachmittag betreiben. Die Hochheimer SfS haben in der Taunussparkasse über Sicherheit im Alter informiert.
Präventionsrat Hofheim
Erster Stadtrat Wolfgang Exner erklärte, dass Frau Raissi sich im Ordnungsamt Hofheim insbesondere mit dem Projekt KOMPASS beschäftigen werde.
Er beklagte, dass rund um das Rathaus, aber auch in den Stadtteilen, insbesondere bei Volksfesten, ganz offensichtlich Aggression und Gewalt zugenommen hätten. Als Beispiel führte er einen Vorfall bei der Wallauer Kerb an, bei der ein 17jähriger eine Polizeibeamtin in den Schwitzkasten nahm und verletzte. Vorangegangen war eine Schlägerei, weshalb die Polizei gerufen worden war. Die Eltern des Jungen erstatteten Anzeige gegen die Polizeibeamten, welche den Jugendlichen unter Anwendung von unmittelbarem Zwang festgenommen hatten.
Für Hr. Exner ist dies ein weiteres Beispiel, dass insbesondere bei jungen Leuten der Respekt vor Polizei aber auch vor Rettungskräften abhandengekommen ist.
Die Besprechungsteilnehmer bestätigten diese Einschätzung. So sind seit einigen Jahren die Straftaten (KV, Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigungen, …) zum Nachteil von Polizeibeamten kontinuierlich gestiegen. Auch gegen Rettungskräfte. Herr Exner schlug deshalb eine Aktion gegen Aggression und Gewalt unter Einforderung von Respekt vor.
Da die zunehmende Respektlosigkeit kein Kreisphänomen darstellt, wurde beschlossen, zunächst zu prüfen, was das Land Hessen und Programme, wie Gewalt-Sehen-Helfen, bisher unternommen haben, um dann ggf. auch im MTK eine Aktion zu starten.
Präventionsrat Kelkheim
Frau Christine Michel, Parlamentarisches Büro Kelkheim, berichtete, dass der zehnte Du&Ich-Tag am 30. August ein großer Erfolg war. An der Präventionsratssitzung am 4. September nahmen 35 Vertreter der verschiedensten Institutionen/Gruppen teil. Ein Projekt gegen Elterntaxi läuft, hierbei wurde der Schulweg (an der Bahnlinie) verbreitert. Die Smartphone-Sprechstunde für Senioren wurde super angenommen (50 Teilnehmer) und wird nun in größeren Räumlichkeiten durchgeführt. Kelkheim hat das Projekt „Sportcoaches im MTK“ übernommen (Krafttraining für Flüchtlinge).
Durch die mobile Jugendarbeit wird ein sog. Cannabis-Parcours für Flüchtlinge durchgeführt, bei dem an fünf Stationen die Probleme und Gefahren von Cannabis-Konsum nähergebracht werden sollen.
Ein Alkoholverbot auf dem Marktplatz wurde geprüft und durch die Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. 2.100 Euro Spenden aus der Abgabe von Notfalldosen sollen der Kelkheimer Sozialstation zur Verfügung gestellt werden.
Präventionsrat Kriftel
In Kriftel haben laut Ordnungsamtsleiter Volker Kaufmann die SfS über mehrere Tage Infostände in verschiedenen Banken betrieben. Die Teilnahme an KOMPASS wird derzeit in einem Ausschuss geprüft. Die Entwicklung in einer neuen Shishabar wird beobachtet. Die Probleme im Freizeitpark haben sich verringert.
Präventionsrat Liederbach
Bürgermeisterin Eva Söllner kündigte eine Veranstaltung zur Internetsicherheit für Senioren an. Auch in Liederbach wird das Projekt „Sportcoaches“ durchgeführt.
Wegen der Ausschreitungen von Jugendlichen beim Tanz in den Mai 2018 wurde in 2019 eine Alkoholverbotszone eingerichtet. Bei den Kontrollen wurde viel Alkohol weggeschüttet. Das Konzept soll beibehalten werden. Es laufen weiterhin die Projekte „Nightball“ und „Grill and Chill“. Wegen der Vorfälle in der grünen Mitte wird dort nachts ein privater Sicherheitsdienst eingesetzt. Auch Liederbach will sich für KOMPASS bewerben.
Im November 2019 soll die nächste Präventionsratssitzung durchgeführt werden.
Präventionsrat Schwalbach
Die stellvertr. Ordnungsamtsleiterin Silja Ziener-Martin teilte mit, dass die im Rahmen von KOMPASS beauftragte Videoschutzanlage Anfang 2019 in Betrieb genommen wurde. Hierdurch ist zunächst ein Verdrängungseffekt in die Wohngebiete eingetreten – mit den entsprechenden Problemen. Derzeit hat sich die Szene beruhigt. Die strafrechtlichen Maßnahmen zeigen Wirkung. Der Verkehrstag Ost wurde wieder durchgeführt.
Präventionsrat Sulzbach
Ordnungsamtsleiter Frank Walz teilte mit, dass die Gemeindevertreter in Sulzbach beschlossen haben, mangels bestehender Probleme, den Präventionsrat nicht mehr einzuberufen. Dies widerspricht dem Präventionsgedanken, der nicht unbedingt von der Reaktion auf Straftaten geprägt ist, sondern den Straftaten vorbeugen will.
Der gemeinsame Verkehrstag der Kommunen des Ostkreises wurde wieder durchgeführt.
Zentrum für Jugendberatung und Suchthilfe (JJ)
Der Leiter des JJ, Dr. Wolfgang Mazur, bedankte sich bei den Vertretern der Kommunen für die gute Zusammenarbeit. Auch das JJ stellt einen deutlich raueren Ton in Jugendeinrichtungen, Schulen und den sozialen Netzwerken fest. Das JJ würde sich bei einer Aktion in Sachen Respekt beteiligen.
Herr Dr. Mazur weist auf das große Problem mit neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) hin. Dabei handelt es sich um Designerdrogen wie „Legal Highs“, „Herbal Highs“ oder die sog. Badesalzdrogen, die als Kräutermischungen, Lufterfrischer, Reinigungsmittel, Badesalze oder Ecstasy angeboten werden. Das JJ hat eine neue Kraft eingestellt, die sich um das Phänomen kümmert.
Beim Cannabis-Konsum gibt es eine erhebliche Steigerung, hinzu komme, dass synthetisches Cannabis – 30 – 40 mal so wirksam sei wie natürliches Cannabis.
Beim Cannabis Parcours, der vom JJ in Kooperation mit den Jugendeinrichtungen durchgeführt wird, geht es darum, vor allem Wissen über das Suchtmittel zu vermitteln (Wie es funktioniert, Probierkonsum, Wirkung, …) und die Alternativen vorzustellen.
Derzeit gibt es ein großes Problem, die offenen Main-Taunus-Scout-Stellen zu besetzen, vor allem, weil die Jugendlichen den Aufwand bei der Ausbildung scheuen. Der Einsatz selbst wird bezahlt.
Neuer Termin
Die 18. Sitzung der Präventionsräte wird am Mittwoch, dem 25.03.2020 im Landratsamt stattfinden.
Jürgen Moog